10.11.2025 | In Radolfzell fand die Jahrestagung der Bodensee-Kläranlagennachbarschaft statt. Vertreter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen auszutauschen.
Am 28. Oktober fand in Radolfzell die Jahrestagung der Bodensee-Kläranlagennachbarschaft (KAN Bodensee) statt. Über 50 Vertreterinnen und Vertreter aus Baden-Württemberg, Bayern, Österreich und der Schweiz kamen im Milchwerk zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen, Innovationen und nachhaltige Lösungen im Bereich der Abwasserbehandlung auszutauschen. Im Mittelpunkt standen die Bedeutung moderner Kläranlagen für den Schutz des Bodensees als wichtigste Trinkwasserquelle der Region sowie die Zukunftsthemen Energieeffizienz und Wärmenutzung aus Abwasser.
Fachlicher Austausch mit grenzüberschreitender Bedeutung
Nach der Eröffnung durch Obmann Roland Duelli und Fachbereichsleiterin Stella Rickert (WWA Kempten) richtete Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats für Nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität der Stadt Radolfzell, ein Grußwort an die Teilnehmenden. „Der Bodensee ist einer der größten Trinkwasserspeicher Europas – und als Abwasserexpertinnen und -experten tragen wir gemeinsam die Verantwortung, seine Wasserqualität zu schützen", betonte Augenstein in ihrer Ansprache. Sie verwies dabei auf die wichtige Rolle der Kläranlagen als unsichtbare, aber unverzichtbare Säule der kommunalen Daseinsvorsorge.
Herausforderungen für die Radolfzeller Kläranlage
Bei der Vorstellung der Kläranlage Radolfzell machte Regina Eberle aus der Abteilung Stadtentwässerung auf einige Probleme aufmerksam.
Für den Umweltschutz und die Wasserqualität spielt die Kläranlage eine große Rolle. Doch zugleich steht sie aktuell vor mehreren Herausforderungen. Das jüngste Starkregenereignis im August brachte die Kläranlage in Radolfzell an ihre Grenzen. Statt der üblichen ca. 100 l/sec Zulauf kamen über viele Stunden über 1000 l/sec. an (max. Leistung der Pumpen).
Extremwetter, veraltete Technik und der Fachkräftemangel sorgen für hohe Belastungen der Anlage, die mittlerweile in die Jahre gekommen ist. Zudem steigen nach der neuen Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) die rechtlichen Anforderungen an die einzuhaltenden Werte. Um die so wichtige Anlage fit für die Zukunft zu machen, stehen künftig hohe Investitionen an.
Klares Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Doch in Punkto Nachhaltigkeit gibt es gute Nachrichten. Die Radolfzeller Kläranlage, die das Abwasser von rund 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie von Industrie und Gewerbe reinigt, wurde im Rahmen der Tagung auch besichtigt. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Anlage mit 371 Photovoltaikmodulen ausgestattet, die gemeinsam mit einem Blockheizkraftwerk etwa 60 Prozent des Strombedarfs selbst erzeugen.
Ein weiterer wichtiger Baustein der städtischen Nachhaltigkeitsstrategie ist die geplante Nutzung der im gereinigten Abwasser enthaltenen Wärme für Nahwärmenetze. In Kooperation mit den Stadtwerken Radolfzell soll so ein Beitrag zur kommunalen Wärmewende geleistet werden – ein Beispiel für innovative Kreislaufwirtschaft im kommunalen Bereich.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Neben Fachvorträgen zu Themen wie wasserrechtlichen Fragen, Hochwassermanagement und Leistungsvergleichen zwischen Kläranlagen stand auch der pädagogische Aspekt im Fokus. Diskutiert wurde, wie Kläranlagenführungen genutzt werden können, um Bürgerinnen und Bürger – insbesondere junge Menschen – für den verantwortungsvollen Umgang mit Wasser zu sensibilisieren.
Zum Abschluss dankte Regina Eberle allen Beteiligten für den offenen und grenzüberschreitenden Dialog: „Nur durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen können wir die künftigen Herausforderungen meistern. Der Schutz des Bodensees gelingt nur gemeinsam."
Hintergrund
Die Bodensee-Kläranlagennachbarschaft (KAN Bodensee) ist ein Zusammenschluss von Fachleuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dazu gehören sowohl Betreiber von Kläranlagen als auch Vertreter von Behörden. Ziel der Initiative ist der regelmäßige Austausch über technische, rechtliche und ökologische Entwicklungen in der Abwasserbehandlung rund um den Bodensee – einem der wichtigsten Trinkwasserspeicher Europas.