ab 19. Jahrhundert

Radolfzell 1933 - 1945: Machtergreifung, Garnisonsstadt und Kapitulation

Das traditionell katholisch geprägte Radolfzell war bis zum Ende der Weimarer Republik eine der Hochburgen des konservativ-katholischen, politischen Lagers am Bodensee. Trotzdem stieß die Gleichschaltung in Politik und Gesellschaft nach der Machtergreifung auch in Radolfzell auf nur wenig Gegenwehr und war wie überall im Deutschen Reich umfassend.

 

Der letzte demokratisch gewählte Bürgermeister, Otto Blesch wurde 1934 durch Eugen Speer ersetzt. Nachdem die Partei den untragbar gewordenen Bürgermeister 1935 entfernt hatte, sorgte sein Nachfolger, Josef Jöhle, für einen Aufschwung bei Fremdenverkehr und Wohnungsbau und verwirklichte Speers größtes Projekt, den Bau der SS-Kaserne.

 

Mit der SS-Kaserne war Radolfzell zwischen 1939 und 1945 in das militärische Garnisonssystem des NS-Staates eingebunden. Zunächst war hier das III. SS-VT „Germania“-Bataillon stationiert, gefolgt von zwei SS-Kompanien und einem SS-Ersatz-Bataillon. Ab 1941 war die Waffen-SS-Unterführerschule Radolfzell untergebracht. Für deren Belange befand sich ein Außenkommando des KZ Dachau auf dem Kasernenareal. Im Gewann „Altbohl“ wurde im Oktober 1942 unter Einsatz von KZ-Häftlingen aus Dachau ein Großkaliber- und Pistolen-Schießstand fertiggestellt.

 

Nach intensiven Verhandlungen wurde die Stadt am 25. April 1945  kampflos den Truppen der I. Französischen Armee übergeben. Der Kapitulation und anschließenden Besetzung gingen dramatische Stunden voraus. Beim feindlichen Artilleriebeschuss wurden mehrere Wohnhäuser getroffen und die Firma Allweiler geriet in Brand.

 

Fremdenverkehrseinrichtungen und Kuranlagen auf der Mettnau

 Fremdenverkehrseinrichtungen und Kuranlagen auf der Mettnau

In unmittelbarer Nachbarschaft des Scheffelschlösschens, seit 1926 zusammen mit dem Mettnaugut wieder im Besitz der Stadt Radolfzell, entstand 1928 ein großes Strandbad und ein Strandcafe, das 1966 durch einen Neubau ersetzt wurde.

 

Begünstigt durch weitere Bau- und Verschönerungsmaßnahmen, erlebte der Radolfzeller Fremdenverkehr in den dreißiger Jahren einen ersten beachtlichen Aufschwung.

Das Bestreben der Stadt, ihre Fremdenverkehrs- und Erholungseinrichtungen stets zu verbessern, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere nach der Währungsreform von 1948, verstärkt fortgesetzt. Dem Antrag der Stadt um Aufnahme als Mitglied im Deutschen Bäderverband wurde 1949 entsprochen.

 

Konsequenter und wirtschaftlich notwendiger Abschluss dieser Entwicklung war die Schaffung besonderer, möglichst ganzjähriger Erholungseinrichtungen. Was lag da näher, als die Vorzüge der vom Weltenschöpfer üppig ausgestatteten Halbinsel noch besser zu nutzen und sie dem heilungs- und erholungssuchenden Menschen dienstbar zu machen? So entstand auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Hermann Albrecht und des Freiburger Universitätsprofessors Dr. Ludwig Weisbecker die "Mettnau-Kur" mit ihrer Devise "Heilung durch Bewegung". Am 7. Juni 1958 konnte im jungen Sportkurort Radolfzell die "Kurstation Mettnau" feierlich eröffnet werden.

 

Städtepartnerschaften

 Städtepartnerschaften

Freundschaftlich verbunden ist Radolfzell mit der schweizerischen Gemeinde Amriswil, wo sich 1945 eine "Notgemeinschaft" zur Hilfe für die hungernde Radolfzeller Bevölkerung gebildet hat und mit der südfranzösischen Stadt Istres, mit der seit 1974 eine offiziell besiegelte und seither intensiv gepflegte Partnerschaft besteht.

 

Erhebung Radolfzells zur Großen Kreisstadt

 Erhebung Radolfzells zur Großen Kreisstadt

Am 24. Mai 1975 wurde Radolfzell feierlich zur "Großen Kreisstadt" erklärt.

 

"Große Kreisstadt Radolfzell", das heißt auf eine Kurzformel gebracht: mehr Einwohner, mehr Aufgaben und Rechte der kommunalen Organe sowie als unmittelbare Folge der Eingliederung von 6 Dörfern in die Stadt Radolfzell ein erheblich vergrößertes Gemeindegebiet.

Ende 1973 wohnten auf dem nur 807 Hektar großen Gemeindegebiet 16702 Menschen. Bis zum 1. Januar 1975 hatte sich durch die Eingliederung der Gemeinden Liggeringen, Markelfingen, Möggingen, Stahringen, Böhringen und Güttingen die Fläche des Gemeindegebietes mehr als versiebenfacht, die Zahl der Einwohner war auf ca. 25000 angestiegen.

 

Wie im Leben der Menschen, so gibt es auch in der Geschichte menschlicher Gemeinschaften herausragende Ereignisse. Die Erklärung des städtischen Gemeinwesens Radolfzell zur "Großen Kreisstadt" war zweifellos ein solch herausragendes und deshalb feiernswertes Ereignis.

 

Erfolgsbilanz seit 1975

 Erfolgsbilanz seit 1975

In den 20 Jahren seit der Erhebung zur "Großen Kreisstadt" hat Radolfzell eine weitere beachtliche Aufwärtsentwicklung erlebt.

Die "Ära Günter Neurohr", der erstmals am 12. September 1976 zum Radolfzeller Oberbürgermeister gewählt wurde, ist geprägt durch den Bau neuer Straßen, Kanäle und Kläranlagen, durch die Errichtung neuer Schulen, Kindergärten, Altersheime und großzügiger Sportstätten, den Ausbau der Mettnau-Kur mit Kurmittelhaus, Gymnastikhalle, Bettenhäusern und Herz-Kreislauf-Klinik, die Neugestaltung und Vergrößerung des Mettnau-Parks, die Erweiterung des Naturschutzgebietes Mettnau, die Sanierung der Altstadt, die Eröffnung eines Stadtlinienverkehrs und die Umwandlung des ehemaligen Milchwerks in ein großes, attraktives Tagungs- und Kulturzentrum. In der Kernstadt entstanden ausgedehnte Fußgängerzonen und die Höllturm-Passage sowie eine neue Bodensee-Uferpromenade mit Hafenmole und Konzertsegel. Die Stadtteile erhielten Fest- und Mehrzweckhallen. Die Radolfzeller Kultur-Szene mit einem blühenden Vereinsleben, mit Stadtbibliothek, eigener Volkshochschule und Jugendmusikschule, mit Stadtkapelle und Jugendblasorchester, beide international erfolgreich und hoch dekoriert, bekam durch Veranstaltungen wie die jährliche Verleihung des Bundeskulturpreises an Behinderte und Kunstsymposien, durch die Einrichtung des Kulturzentrums "Villa Bosch" und des Stadtmuseums neue unübersehbare Akzente.

 

Das mittlerweile über 29000 Einwohner zählende "Tor zum Bodensee", nach wie vor auch Wirtschaftszentrum mit leistungsfähiger, vielseitiger Industrie und gleichwohl mit gutem Recht als "Hauptstadt des Umweltschutzes" apostrophiert, ist ein schönes, liebens- und lebenswertes Gemeinwesen, in dem alle, die dazugehören, aufgerufen sind, auch künftig tatkräftig "zum Wohle der Bürgergemeinde der Zelle des seligen Bischof Radolf" zu wirken, wie es eine alte Radolfzeller Siegelumschrift formuliert:

 

"PRO SALUTE UNIVERSITATIS CIVIUM CELLAE BEATI RATOLFI EPISCOPI"

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