Das Radolfzeller Marktrecht von 1100 war der erste Anstoß und die Voraussetzung für die Entstehung der Stadt Radolfzell, aber noch nicht die Stadtgründung selbst. Erst die Urkunde des Reichenauer Abtes Albrecht von Ramstein aus dem Jahr 1267 über die Privilegien der Radolfzeller Bürgerschaft bildete den Abschluß des Stadtwerdungsprozesses. Von nun an galten die Rechte und Freiheiten der Bewohner des Marktbezirkes auch für den bisher zum Reichenauer Fronhof gehörenden, inzwischen aber in den befestigten Stadtbereich einbezogenen Teil der Siedlung. Marktbewohner und Angehörige der Reichenauer Hofgemeinde waren nun zu einer Bürgergemeinde verschmolzen. Alles, was Mauer und Graben umschlossen, genoß fortan städtische Freiheiten.
An die Spitze der bürgerlichen Verwaltung trat ein aus der Bürgerschaft genommener Stadtammann. Ein Ratsgremium wirkte als satzungsgebende Vertretung der Bürger. Die wesentlichen Merkmale der Stadt, Marktrecht, Befestigung und Selbstverwaltung, waren nun gegeben. Das Marktrecht war Stadtrecht geworden.
Die beiden durch die Urkunden von 1100 und von 1267 markierten Ereignisse waren grundlegende Voraussetzungen für die städtische Entwicklung Radolfzells mit einer Langzeitwirkung bis in unsere Tage. Die "Große Kreisstadt Radolfzell" ist nicht denkbar ohne die großzügigen Privilegierungen durch die Reichenauer Äbte und nach 1300 durch die österreichischen Herzöge, die den Reichenauer Klostervorstehern in ihrer Eigenschaft als Radolfzeller Stadtherren nachfolgten. Bald war es der Stadt auch gelungen, ein eigenes Territorium mit mehreren Dörfern und der Burg Hohen-Friedingen zu erwerben.